1.4 Definitionen der Klassenbegriffe von ENP

ENP-Ursachen

Ursachen können als Bezeichnung „für ein Ereignis oder eine Menge von Ereignissen, die ein anderes Ereignis, die Wirkung, kausal (Kausalität) hervorbringen“ definiert werden. In der „Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie“ wird der Ursachenbegriff auf Grundlage der vier Ursachentypen des Aristoteles, dem neuzeitlichen Wirkursachenverständnis von Hume und weiteren Philosophen definiert (Mittelstraß, 1996, S. 442). Ein ähnliches Grundverständnis wurde der Definition der Ursachen bei der ENP-Entwicklung zugrunde gelegt. Ursachen werden zur weiteren Differenzierung der Pflegediagnose formuliert, wenn sie für das Risiko oder die Verursachung und Aufrechterhaltung eines Gesundheitsproblems/-zustandes mit verantwortlich oder beeinflussend sind (Brobst et al., 1997; Gordon, 2001). In ENP sind die Ursachen wie folgt definiert:

ENP-Ursachen sind auslösende und/oder beeinflussende Faktoren, die zur Entstehung eines Pflegeproblems/einer Pflegediagnose führen beziehungsweise diese aufrechterhalten. Ursachen/beeinflussende Faktoren können Verhaltensweisen des Betroffenen, bestehende und bekannte Erkrankungen sowie beschreibbare Einschränkungen sowohl im psychosozialen Bereich wie auch im Bereich der körperlichen und kognitiven Fähigkeiten sein. Ebenso können Ursachen/beeinflussende Faktoren im Umfeld, der Sozialisation und den Erfahrungen des betroffenen Individuums zu finden sein.

Im Rahmen des Pflegeprozesses ist es bedeutend, die Ursachen von pflegerischen Problemen zu kennen, da diese häufig im Rahmen der Interventionsangebote mitbeachtet werden müssen, um ein Pflegeproblem zu beheben bzw. zu lindern oder das Risiko eines potenziellen Pflegeproblems abzuwenden. Zum Beispiel besteht für die Planung und Auswahl adäquater pflegerischer Maßnahmen ein Unterschied darin, ob sich ein Individuum nicht selbstständig waschen kann, weil die Ursache in der Bewegungseinschränkung postoperativ oder in einer Apraxie begründet ist. Das Ursachenverständnis in ENP orientiert sich an der Analyse des Begriffes der Ursachen, die folgende Unterscheidung der Begriffsbildung hervorbringt (Hügli & Lübcke, 2001): Ursachen als Kausalitätsbeziehung zwischen Ursache und Wirkung. Ursachen als Kausalkette bzw. kausaler Zusammenhang, das bedeutet „[...] jenes Netz von Ursachen und Wirkung, in die ein Ereignis eingeflochten ist“ (Hügli & Lübcke, 2001, S. 642).

Mitwirkende Ursache, das heißt Ursachen, bei denen ein Zusammenhang mit der Wirkung besteht, die aber die Wirkung nicht allein hervorrufen.

Ausschlaggebende Ursache, die Ursache, der ein zentraler Aspekt für die Wirkung nachgewiesen werden kann.

Wesentliche Ursache, die eine notwendige Bedingung der Wirkung ist.

Die verschiedenen Sichtweisen und Unterscheidungen des Begriffs ‚Ursachen’ werden in den ENP immer in Bezug auf die Pflegediagnoseformulierung formuliert. Von Interesse sind die besonderen Zusammenhänge der festgestellten Gesundheitsprobleme/-zustände eines Individuums, dessen Entstehungsursachen und den Faktoren, die das Problem erhalten. Jeder ENP-Pflegediagnose können mehrere Ursachen zugeordnet werden. Das bedeutet, dass verschiedene Ursachen die Diagnose beeinflussen bzw. hervorrufen können. Diese im diagnostischen Prozess ausgewählten und formulierten Ursachen zu den Pflegediagnosen bilden die Basis für die Auswahl geeigneter Interventionen.

Die Ursachenformulierungen können Krankheiten (z. B. Manie, Rechtsherzinsuffizienz, Essstörung, Multiple Sklerose), Motive für Verhalten (z. B. Bedürfnis nach Selbstbestätigung, Widerwille bei der Nahrungsaufnahme, fehlendes Interesse, Angst, Schamgefühl), Zustände (z. B. Verwirrtheitszustand, anhaltende Appetitlosigkeit, Formveränderung am weichen Gaumen, Trinkschwäche, Belastungsdyspnoe, fehlendes Selbstwertgefühl, Bewegungseinschränkung), Wissens-/, Informationsdefizite (z. B. mangelnde Kenntnis über das Stillen, fehlender Zugang zu Informationen), soziokulturelle Einflüsse (z. B. familiendynamische Faktoren, Arbeitslosigkeit, Misshandlung), Gewohnheiten/Verhalten (z. B. ritualisierte Zwangshandlung, Kotschmieren, Aktivitätsmangel, ungenügende Grenzsetzung), beeinträchtigte Interaktion (spricht eine andere Landessprache), oder eingeschränkte/beeinträchtigte Fähigkeiten (z. B. eingeschränkte kognitive Fähigkeiten) sein.

Syntax der ENP-Ursachen

Die Ursachen stellen syntaktisch entweder vollständige Sätze dar, die aus einem Subjekt und einem Prädikatsverband (der Prädikat, Objekt(e) und/oder Ergänzung(en) beinhalten kann) bestehen. Oder sie sind Ellipsen, die entweder nur aus Prädikat, Objekt(en) und/oder Ergänzung(en) bestehen oder nur aus Begriffen. Diese unvollständigen Sätze beziehen sich immer auf das Subjekt der Pflegediagnose. Z. B.: der Wille, die Körperwaschung durchzuführen, fehlt oder eingeschränkte körperliche Belastungsfähigkeit.

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